9 Gründe, warum Deutschland so erfolgreich ist
Deutschlands Wirtschaft boomt. Die deutsche Variante der sozialen Marktwirtschaft mit starken Gewerkschaften, hoch bezahlten Facharbeitern und unglaublich erfolgreichen Exporten genießt einen anhaltenden Höhenflug, unabhängig von der Krise in der Eurozone oder Unruhen im Nahen Osten. Erstmalig seit 1992 verzeichnet unser Land weniger als 3 Millionen Arbeitslose. Nur das angeschlagene Wachstum Chinas der letzten Monate scheint einen nachteiligen Effekt auf die Exportleistung der deutschen Industrie zu haben. Die verarbeitende Industrie ist der stärkste Motor für das anhaltende wirtschaftliche Wachstum. Aber warum genau ist das deutsche Modell so erfolgreich?
Deregulierung
Der öffentliche und private Sektor tragen gemeinsam zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Die Bundesregierung unter Gerhard Schröder hat mit ihren Reformen wesentlich zum wirtschaftlichen Wachstum hierzulande beigetragen. Das unbeliebte Reformprogramm Agenda 2010 kostete dem damaligen Bundeskanzler das Amt, aber die Maßnahmen zum Abbau des Sozialstaates und Zementierung von niedrigen Lohnniveaus, zusammen mit dem Wegfall wirtschaftlicher Regulierungen, brachten in den Folgejahren einen starken wirtschaftlichen Aufschwung. Heute haben über 42 Millionen Menschen in Deutschland Arbeit, mehr als zu jedem anderen Zeitpunkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wichtige Bestandteile der Agenda 2010 waren die Ausweitung des Niedriglohnsektors, die Deregulierung und flexiblere Gestaltung des Arbeitsmarktes. Dadurch wurden viele neue Jobs geschaffen, darunter aber auch sehr viele schlecht bezahlte Jobs.
Frauenhofer Institut
Ein gesunder Mittelstand
Die Reformen sicherten durch die Erleichterung von Kurz- und Leiharbeit langfristig Jobs und Menschen in Teilzeitarbeit wurde durch soziale Transferleistungen ein ausreichendes Auskommen zugesichert. Dem privaten Sektor kamen diese Maßnahmen sehr zu gute, denn unzählige kleine und mittlere Unternehmen konnten damit flexibel auf die schwankende Konjunktur reagieren. Der sogenannte Mittelstand besteht oft aus Familienunternehmen, welche fortschrittliche Güter produzieren, die die aufstreben Märkte wie China nicht ohne weiteres nachahmen können. Zum Mittelstand gehören per Definition Unternehmen mit weniger als 500 Angestellten und diese machen 99 Prozent der über 3 Millionen Unternehmen in Deutschland aus. Obwohl es in Familienunternehmen auch Streitigkeiten zum Beispiel um die Nachfolge geben kann, wird der Erfolg des deutschen Mittelstands allgemein anerkannt. Der Mittelstand beschäftigt Millionen von Deutschen und stellt bevorzugt Mitarbeiter vor Ort ein, im Gegensatz zu internationalen Konzernen, die ihre Arbeiter gerne aus Ländern mit niedrigeren Lohnniveaus beziehen. Da sich mittelständische Unternehmen in Privatbesitz befinden, setzen sie eher auf langfristiges Wachstum als auf schnelle Gewinne.
Produktionsstandort Deutschland
Der starke Mittelstand ist auch einer der Gründe, warum die Industrie in Deutschland immer noch 26 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht, während die De-Industrialisierung in anderen Ländern immer weiter voranschreitet. In Deutschland besitzen die Eigentümer oft nur das Unternehmen, während in anderen Ländern eine erfolgreiche Firma längst an die Börse gebracht wird und die Aktien möglicherweise durch einen großen Konzern aufgekauft werden, der die Produktion im Land stoppt und Arbeitsplätze ins günstigere Ausland verlegt. Da die Besitzer eines mittelständischen Unternehmens oft ihr ganzes Leben in dieses investiert haben, belassen sie es auch am Standort Deutschland. Die meisten Unternehmen verfügen über ein gutes Polster an Kapital und setzen ihre Waren nicht zu Billigpreisen ab. Langfristige Planung wird dadurch möglich – die Firmen passen sich nicht von einem Quartal zum nächsten den Gegebenheiten an, um so schnell wie möglich zu expandieren, sondern setzen langfristige Pläne um und gewährleisten damit nachhaltiges Wachstum.
Autobahn
Die Automobilindustrie
Neben dem Mittelstand bilden die großen Automobilhersteller wie BMW, Daimler, Porsche und Audi das Rückgrat der deutschen Industrie. Die Automobilindustrie macht etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Insbesondere die Luxusmarken erfreuen sich in den aufstrebenden, neuen Märkten wie China großer Beliebtheit. Dort erwirtschaftet zum Beispiel BMW 25 Prozent seiner globalen Gewinne.
Während einige die deutsche Wirtschaft vor einer übermäßigen Abhängigkeit vom Exportgeschäft warnten, wurde diese jedoch dadurch gestärkt. Höhere Exporte haben mehr Gewinne erzeugt und Jobs geschaffen, diese wiederum haben den heimischen Konsum angeheizt.
Soziale Absicherung
Das Prinzip der Sozialversicherung in Deutschland geht auf den Reichskanzler Bismarck zurück, der im 19. Jahrhundert Renten- und Krankenversicherung erstmalig einführte. Das System basierte darauf, dass der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber jeweils die Hälfte des Sozialversicherungsbetrages bezahlten. Dieses Prinzip besteht in Deutschland weiterhin und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg um zahlreiche soziale Transferleistungen erweitert. Gewerkschaften und Arbeitgeber arbeiten außerdem hierzulande relativ gut zusammen, was weniger Streiks in Deutschland zur Folge hat und damit der Wirtschaft zugute kommt.
Laufband am Flughafen Frankfurt
Erstklassiges Bildungssystem
Jedes Jahr strömen etwa 100,000 neue Ingenieure und Wissenschaftler auf den deutschen Arbeitsmarkt. Diese jungen Frauen und Männer haben in einer der 200 Universitäten und Fachhochschulen eine erstklassige Ausbildung erhalten. Auch weniger gut ausgebildete, aber dennoch qualifizierte Fachkräfte tragen zur hohen Produktivität des Landes bei. Der Grund dafür ist das duale Bildungssystem, dessen Ursprung in der Handwerksausbildung des Mittelalters liegt. In diesem Ausbildungssystem erwerben junge Menschen praktische Fähigkeiten direkt in einem Ausbildungsbetrieb, sowie gleichzeitig theoretisches Wissen in einer Berufsschule.
BMW-Werk in Leipzig
Moderne Technologien
Eine Garantie für den Erfolg des deutschen Modells ist der Einsatz fortschrittlicher Technologien. Da Deutschland kaum über natürliche Rohstoffvorkommen verfügt, ist es praktisch gezwungen, innovative Ideen voranzutreiben. Etwa 11 Prozent der deutschen Arbeitnehmer sind im Hightech-Sektor beschäftigt – deutlich mehr als im EU-Durchschnitt.
Jährlich werden rund 70 Milliarden Euro in die Forschung investiert – mehr als in jedem anderen Land Europas. Öffentlich finanzierte Forschungsinstitute wie das Max-Planck-Institut oder das Frauenhofer Institut entwickeln zusammen mit der Industrie neue Technologien und Produkte, die eventuell in der Zukunft als Innovationen auf den Markt kommen.
Eberspaecher GmbH
Hervorragende Infrastruktur
Während im Bereich der Forschung gerne etwas geträumt werden kann, zählt in der Infrastruktur nur das, was handfest greifbar ist. Aber auch hier nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein. Nur wenige Länder auf der Welt verfügen über so gut ausgebaute Energie- und Telekommunikationsnetzwerke, Straßen, Schienennetzwerke und Flughäfen. Von Berlin aus kann jedes europäische Land innerhalb weniger Stunden erreicht werden, seine zentrale geografische Lage trägt damit zum Erfolg Deutschlands bei.
Einwanderung
Langfristig gesehen ist die deutsche Bevölkerung eine der am rasantesten alternden Bevölkerungen der Welt, was das wirtschaftliche Wachstum wegen fehlender Arbeitskräfte gefährden könnte.
Dieses demografische Problem könnte durch Angela Merkels Zustimmung zur Aufnahme einer großen Anzahl von Flüchtlingen gemildert werden, denn wie andere Industrieländer auch benötigt Deutschland mehr Menschen und im Gegensatz zu anderen Ländern hat Deutschland auch die entsprechenden Jobs für mehr Menschen. Der Zuzug der letzten zwei Jahre hat in Deutschland Zehntausende Jobs geschaffen und viele Unternehmen profitieren von der Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge, auch wenn die erfolgreiche Integration der Einwanderer noch sehr lange dauern wird.