Fünf Ausreißer aus Deutschlands Konjunkturausblick
Wachstum:
Nach mehreren Jahren realen BIP-Wachstums von durchschnittlich über 2 Prozent jährlich hat sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2018 stark verlangsamt. Dies spiegelte eine Mischung aus schwacher Auslandsnachfrage und besonderen Umständen wider, die die Automobil- und Chemieindustrie betrafen. Solide Investitionen in Bau und Ausrüstung sollen die Produktion bis Ende dieses Jahres schrittweise wieder in den Trend zurückführen, was 2019 zu einem Wachstum von 0,7 Prozent und 2020 zu 1,7 Prozent führen wird.
Mit Blick auf die Zukunft belasten strukturelle Herausforderungen die Produktionspotenziale Deutschlands. Bald wird erwartet, dass die Erwerbsbevölkerung mit dem Alter der Bevölkerung schrumpfen wird, während das Produktivitätswachstum niedrig bleibt. Die Anpassung an den technologischen Wandel und die Digitalisierung ist langsam, während die Energiewende wichtige Unsicherheiten für Unternehmensinvestitionen mit sich bringt.
Leistungsbilanz:
Steigende Ersparnisse der Unternehmen sowie die Haushaltskonsolidierung nach 2011 befeuerten den Anstieg des deutschen Leistungsbilanzüberschusses. Während eines Großteils der letzten zwei Jahrzehnte, als die Arbeitslosigkeit zurückging und die Exporte stiegen, hinkten das Lohnwachstum hinterher und die Kaufkraft der privaten Haushalte stagnierte, insbesondere bei den Geringverdienern.
In anregung dies spiegelte sich ein steigender Anteil des Volkseinkommens in Form von Gewinnen aus, die von den Unternehmen einbehalten wurden, deren Eigentum stark auf die reichsten Haushalte konzentriert ist. Da diese Haushalte tendenziell einen größeren Teil ihres Einkommens einsparen, stiegen die privaten Ersparnisse und der Leistungsbilanzüberschuss stiegen.
Finanzpolitik:
Angesichts vieler aufeinanderfolgender Jahre hoher Haushaltsüberschüsse und sinkender Staatsverschuldung ist Deutschlands Haushaltsraum beträchtlich. Dieser fiskalische Spielraum sollte in vollem Umfang genutzt werden, um das potenzielle Wachstum durch öffentliche Investitionen in Sach- und Humankapital zu unterstützen und um den einkommensschwachen Haushalten weitere Steuererleichterungen zu gewähren, die zusammen mit einem stärkeren Lohnwachstum ihre Kaufkraft wiederherstellen würden. Diese Maßnahmen würden das potenzielle Wachstum ankurbeln und dazu beitragen, externe Ungleichgewichte abzubauen.
Strukturreformen:
Angesichts des Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und des weitverbreiteten Arbeitskräftemangels sind Reformen zur Steigerung der Produktivität und der inländischen Investitionen der Schlüssel zur Aufrechterhaltung des Wachstums in der Zukunft. Der Schwerpunkt sollte auf der Modernisierung der Abdeckung des landesweiten Hochgeschwindigkeitsinternets, der Einführung der E-Government-Plattform, der Unterstützung von Risikokapital und der Verringerung von Unsicherheiten rund um die Strategie für ein ehrgeiziges Energiewendeprogramm liegen.
Finanzsektor:
Inmitten des „niedrigen“ Zinsumfelds muss das deutsche Bankensystem Maßnahmen zur Bemessung der Profitabilität beschleunigen, die aufgrund hoher Kosten und langsamer Restrukturierungsfortschritte anhaltend unter dem Druck stehen. Eine schnellere Umstrukturierung sollte mit einem erweiterten makroprudenziellen Instrumentarium und einer verbesserten Datenverfügbarkeit einhergehen, um den steigenden makrofinanziellen Risiken zu begegnen.